Gespensterpferde by Blixen Tania

Gespensterpferde by Blixen Tania

Autor:Blixen, Tania [Blixen, Tania]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


‚Als sähn sie mich mit diesen Henkershänden.

Behorchend ihre Angst könnt’ ich nicht sagen Amen...’

Er braucht ein Denkmal, daß sein Name nicht vergessen wird. Aber das brauche ich nicht. Es ist eigentümlich“, sagte er nach einer kleinen Pause, „daß ich so spät im Leben eine junge Dame wie Sie treffen mußte, die meine eigenen Reviere kennt und die viele Male durch die Berner Street gegangen ist. Das war ein Erlebnis für mich, und nun habe ich doch nicht mehr so viele Erlebnisse.

Und keiner hat es gewußt“, sagte er abschließend.

Kurz darauf veränderte sich sein Gesicht, ein nervöses Zittern lief darüber, und seine Augen suchten bekümmert Melpomenes.

„Hören Sie, da sind sie“, sagte er. „Sie sind schon zurückgekommen. Ich hatte doch so fest gehofft, daß wir noch ein Stündchen für uns hätten.“

Man hörte das Poltern des Wagens von der Einfahrt her, die Außentür wurde geöffnet, und man sprach in der Halle.

Melpomene erhob sich ganz langsam von ihrem Stuhl. Sie ging durch die Bibliothek, um den Ankömmlingen nicht zu begegnen, und stieg, immer noch sehr langsam, die Treppe zu ihrem Zimmer hinauf. Hier legte sie sich, vollständig angezogen, auf das Bett, das Gesicht in den Kissen. Zu dem Stubenmädchen, das mit warmem Wasser heraufkam, sagte sie, daß sie Kopfschmerzen habe und zum Dinner nicht hinunterkommen könne.

Am nächsten Nachmittag fuhr sie zurück nach London. Tante Eulalia umarmte und küßte ihre Nichte zum Abschied — noch liebevoller und gerührter als bei deren Ankunft.

„Mein Liebling“, sagte sie. „Es war so reizend, dich hier zu haben. Nun freuen wir uns schon auf deinen nächsten Besuch.“

Albert war sehr bleich, er drückte zwei- oder dreimal ihre Hand, begleitete sie zum Wagen, blieb stehen und sah ihm nach.

Onkel Seneca zeigte sich überhaupt nicht. Er hatte sich erkältet und mußte das Bett hüten.

Auf dem Heimweg, im Wagen und im Zug, dachte Melpomene nur an ihren Vater und ihr Zuhause in London. Als sie die Treppe hinauf- und zur Tür hereinkam, fand sie die Stuben kalt und staubig und ihren Vater im Bett vor, wo er geblieben war, um sich warm zu halten.

Felix Mulock hatte vierzehn Tage auf die Heimkunft seiner Tochter gewartet und sich darauf gefreut, ihren Bericht über den Besuch zu hören, und er hatte sich eine Reihe kleiner bissiger Bemerkungen in seinem berühmten Hamlet-Stil zurechtgelegt und vorbereitet, mit denen er den Bericht begleiten wollte. Jetzt war er zutiefst enttäuscht und gekränkt, daß er ihn Wort für Wort aus ihr herausziehen mußte. Schließlich verlor er die Geduld und schwieg.

„Ich verstehe“, brach er das Schweigen, „ich verstehe jetzt sehr gut, daß diese Menschen dir erzählt haben, daß sie mir Geld geschickt haben. Ich habe mich nicht verpflichtet gefühlt, dir davon zu erzählen, ich hatte es wirklich vergessen. Aber sie haben es nicht vergessen können. Sie hatten es gewiß aufgeschrieben.“

„Nein, Vater, sie haben nicht über Geld gesprochen“, sagte Melpomene.

Ihr Vater durchdachte die Sache erneut.

„Wenn du nicht all den Starrsinn deiner Mutter geerbt hättest, mein Mädchen“, sagte er mit einem kleinen bitteren Lachen, „und dann natürlich all die Sommersprossen, dann hättest du Vetter Albert den Kopf verdrehen können.



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